Weird Xperience im Februar: „Schramm“ (1993)

Unser Film im Februar ist für uns ein Experiment. Haben wir uns in den letzten Monaten eher Publikumslieblinge gezeigt, führt uns der Februar-Film wieder zurück an unsere dunklen Wurzeln. Als wir noch viel wildes und experimentelles Zeug gezeigt haben. Erinnert sich noch jemand an “The Legend of Kaspar Hauser” oder “Liquid Sky“? Seit Ihr bereit, Euch von einem dreckigen, transgressiven Stück Underground verstören zu lassen? Dann treffen wir uns am 16. Februar um 20:00 Uhr im Cinema Ostertor.

“Schramm” ist ein Kultfilm des Deutschen Undergrounds. Der vierte und bis heute leider letzte Langfilm von Jörg Buttgereit, der spätestens nach dem Skandal um seinen “Nekromantik 2” – die Filmrolle wurde während einer Aufführung im Münchener Werkstattkino aus dem Vorführraum heraus beschlagnahmt – zu einer Ikone Deutscher Underground-Filmemacher wurde. Heute hat der Kulturbetrieb Jörg Buttgereit mit offenen Armen aufgenommen und er ist sehr erfolgreicher Theatermacher am Schauspiel Dortmund, schreibt und inszeniert Hörspiele für den WDR und hat mit seinem Superhelden “Captain Berlin” auch die Deutsche Comic-Szene aufgeräumt.

Jörg Buttgereit ist, das lässt sich wohl ohne Übertreibung behaupten, eine lebende Legende. Wenn man nach dem Genre fragt, in dem Buttgereit sein legendäres Unwesen treibt, wird die Sache aber schon schwieriger. Nicht nur, dass er im Bereich Film, Theater, Hörspiel, Comic und Filmkritik tätig ist – Buttgereit unterwandert gern die Erwartungen, die man gemeinhin an Genres stellt und kreiert sich seine eigenen. Gemein ist seinen Werken jedenfalls das Interesse an jenen seelischen Abgründen, die von der Gesellschaft gern verdrängt, geächtet oder gefürchtet werden.“ – Oliver Stangl, ray Filmmagazin

Der Film zeigt den Alltag des Taxifahrers Lothar Schramm, der für seine Umgebung ein scheinbar ganz normales Leben führt und eine rein freundschaftliche Beziehung zu seiner Nachbarin Marianne, einer Prostituierten, pflegt. Hinter dieser Fassade jedoch steckt ein Serienkiller mit starken psychischen Problemen, der mehr und mehr die Grenze zwischen Realität und eigener Fiktion aus den Augen verliert.

Losgetreten vom immensen Erfolg von „Das Schweigen der Lämmer“ (1991) kam Anfang der 90er eine Lawine von Serienkiller-Filmen in die Kinos und Videotheken, die den Serienkiller als hochintelligenten, diabolischen und irgendwie „sexy“ Filmschurken präsentierten. Dem wollte Jörg Buttgereit etwas gegenüberstellen, was deutlich realistischer und weniger „glamourös“ ist: Ein nach außen hin unauffälliger Kleinbürger, nach innen aber ein Psychopath, der sein Sexualleben mit einem Gummitorso teilte, Menschen ermordete und zu selbstzerstörerischem Masochismus neigte. Sein Lothar Schramm wird vom Schlagzeuger der legendären Band „Mutter“, Florian Koerner von Gustorf, gespielt. Die Musik wurde von seinem Band-Kollegen Maximilian Müller mit komponiert.

Nach dem Hauptfilm zeigen wir noch das in letztem Jahr mit dem Segen von Jörg Buttgereit entstandene, 10-minütige, surreale Stop-Motion-Sequel „Tomorrow I Will Be Dirt“ des britischen Künstlers Robert Morgan als deutsche Kinopremiere.

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